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Abenteuer Everest: Der Offroad-Umbau eines GLK

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Es gibt diese Momente in denen einem sofort klar ist: „Das passiert dir wohl nicht mehr so oft in deinem Leben!“ Solch einen Moment durfte ich als junger Mitarbeiter bei Daimler kürzlich erleben, als ich den Auftrag erhielt, einen Mercedes-Benz GLK durch eine Offroad-Umrüstung fit für die Besteigung des Mount Everest Basislagers (ca. 5.300 Höhenmeter) zu machen. Verantwortung, Stolz, Begeisterung – waren nur einige der Gefühle, die mich mit Erhalt dieses Auftrags befielen und durch das Projekt getragen haben.

Doch erst einmal zur Ausgangslage: Ich bin Mitarbeiter im Produktmanagement Pkw bei Daimler Central/Eastern Europe, Africa & Asia. Ich bin – mittlerweile – Alumnus in Daimler’s Traineeprogramm „CAReer“. Im Rahmen dieses Traineeprogramms verbrachte ich abschließend dreieinhalb Monate im Projekteinsatz bei Mercedes-Benz Vietnam in Ho Chi Minh City (ehemals Sai Gon).

Während dieses CAReer-Projekteinsatzes bei den Kollegen vor Ort kamen eines Tages Dirk Adelmann (Sales & Marketing Director) und Thilo Grossmann (After-Sales Director) von Mercedes-Benz Vietnam auf mich zu und teilten mir mit, dass sie einen „Spezialauftrag“ für mich hätten. Im Rahmen eines vom Autoclub Saigon (Otosaigon) veranstalteten Offroad-Trips von Ho Chi Minh City zum Mount Everest Basislager und zurück sollte ein in unserem CKD-Werk in Vietnam produzierter GLK als Führungsfahrzeug den Konvoi begleiten.

Die Rahmenbedingungen waren anspruchsvoll: Bis zum Start des Konvois waren gerade noch gute vier Wochen Zeit. Das erscheint nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Praxis eine kurze Zeit für ein solches Vorhaben. Das galt umso mehr, da in dieser Zeit nicht nur der eigentliche Umbau, sondern auch noch die gesamte Projekt- und Umbauplanung sowie die Beschaffung der nötigen Teile zu erfolgen hatte. In Verbindung mit dem gegebenen Budget war mein Ehrgeiz geweckt. Vom ersten Moment an hatte ich das Bild im Kopf, wie dieser kompakte GLK im Basislager des höchsten Berges der Erde neben schwer-bepackten amerikanischen und japanischen Fullsize-SUV steht.

Den Auftrag erhielt ich an einem Freitag, also nutzte ich – die Vision war sowieso Tag und Nacht in meinem Kopf – gleich das ganze Wochenende und warf alle Dinge in die Waagschale, mit denen man als Student heutzutage so im Rahmen des Projektmanagements an den Unis ausgestattet wird. Ich entwarf eine komplette Projektorganisation mit Organigramm, Projektzeitleiste, Meilensteinen, Beschaffungsliste, technischer Dokumentation des Basisfahrzeugs sowie der zu planenden Umbaumaßnahmen. Vom Plan her sah das Ganze schon toll aus, aber rund 10.000 km weit entfernt von Deutschland, wo solch eine Aufgabe um einiges leichter gewesen wäre, war mir klar: Das ist maximal der Grundstein. Es war noch ein weiter Weg…

Unser Basisfahrzeug war ein Mercedes-Benz GLK 300 4MATIC, jedoch OHNE das in Deutschland verfügbare Offroad-Technik-Paket, also ohne die werksseitigen technischen Helfer und Fahrwerkshöherlegung. Zur Verfügung gestellt wurde das Fahrzeug von Vietnam Star Automobiles, einem örtlichen Mercedes-Benz Händler in Ho Chi Minh City. Die 300 Nm Drehmoment und 231 PS aus dem V6-Benziner sollten unser Fahrzeug hoffentlich gut am Mount Everest ankommen lassen.

Zusammen mit Nguyen Bao Toan (Teamleiter Garantie & Technischer Service) plante ich innerhalb der ersten Woche die kompletten technischen Umbaumaßnahmen. Dazu besprachen wir uns mit einem örtlichen Offroad-Spezialisten namens Vulcan 4×4, welcher auch Teile des Umbaus für uns durchführen sollte. Zusätzlichen telefonischen Rat holten wir uns bei Manfred Breuninger von Mercedes-Benz Offroad und bei Hans Baur von ORC (Off-Road Center) in Deutschland.

Der Umbau sollte demnach folgende Punkte umfassen:

  • einen speziell angepassten Dachgepäckträger aus Stahl zur Beförderung von
  • 2 kompletten Ersatzrädern (bestehend aus Offroad-Felgen und All-Terrain-Reifen),
  • 2 Benzinkanister mit jeweils 20 L Füllvolumen und
  • eine extra für uns angefertigte Werkzeugkiste zum Transport von Ersatzteilen und Werkzeug,
  • ein Offroad-Fahrwerk bestehend aus einer Höherlegung um ca. 30 mm und
  • spezielle Räder bestehend aus Offroad-Felgen und All-Terrain-Reifen (im Format 235/65 R17), die weitere ca. 15 mm Bodenfreiheit bringen sollten,
  • einem variabel ansteckbaren Schnorchel, zur Erhöhung der Wattiefe bei tiefen Wasserdurchfahrten,
  • einem Ersatz des serienmäßigen Unterfahrschutzes aus Kunststoff gegen eine 5 mm dicke Stahlplatte zum Schutz von Ölwanne und Getriebe,
  • einem sogenannten, extra für dieses Fahrzeug von Vulcan 4×4 modifizierten, „Bullenfänger“ zum Schutz der Fahrzeugfront und der Hauptscheinwerfer sowie einem Rammschutz aus Stahl am hinteren Stoßfänger und letztendlich
  • umfangreiche Zusatzbeleuchtung am Fahrzeug (2 Nebelleuchten am Bullenfänger vorne, eine 20-Zoll-LED-Lichtbatterie vorne am Dachgepäckträger sowie jeweils an den Seiten und hinten am Dachgepäckträger zwei LED-Leuchten), um das Fahrzeug unter allen Bedingungen mit ausreichender Beleuchtung zur Bergung einsetzen oder reparieren zu können.

Wir mussten einige Rückschläge und Schwierigkeiten überwinden, bevor das Fahrzeug seine Reise antreten konnte. So konnten wir den Schnorchel aufgrund der technischen Komplexität, des beengten Motorraums sowie der Zeit- und Budgetrestriktionen nicht umsetzen. Die Standardwattiefe des GLK musste also ausreichen. Ebenso konnten wir nicht die gewünschten Reifen vor Ort besorgen, da diese immens teuer waren. Zu guter Letzt war es nicht möglich ein Höherlegungskit für unseren GLK in Vietnam zu bekommen. Das Fahrzeug zählt hier (noch) nicht zu den bevorzugten „Umbauobjekten“ der lokalen Offroad-Fans.

Also bezogen wir sowohl das Kit zur Höherlegung des GLK als auch die sechs Kompletträder vom Offroad-Spezialisten ORC aus Deutschland. Das führte natürlich zu einer weiteren Unsicherheit im Terminplan und brachte mein Projektbudget aufgrund der zusätzlichen Kosten für Luftfracht, Steuern und Zoll an seine Grenzen. Der Konvoi sollte am Mittwoch, den 3. Juli 2013, im Morgengrauen (vier Uhr) in Ho Chi Minh City zu seinem Abenteuertrip aufbrechen.

Unser GLK kam genau eine Woche vor Abfahrt zurück ins Werk zu Mercedes-Benz Vietnam. Der Umbau war soweit dank täglicher Besuche und intensiven Gesprächen mit den vietnamesischen Spezialisten in der – für europäische Verhältnisse abenteuerlichen – Umbauwerkstatt planmäßig fortgeschritten. Doch die entscheidenden Teile aus Deutschland fehlten noch. Endlich erhielt ich wenige Tage vor dem Start den erlösenden Anruf: Die Teile waren aus dem Zoll ausgeschleust und auf dem Weg ins Werk.

Wie die Kollegen in der Werkstatt dann mit Tatkraft und Leidenschaft das Fahrzeug noch fristgerecht fertiggestellt haben, hat mich stark beeindruckt. Natürlich durfte der Einbau des beleuchteten Sterns im Kühlergrill als „Highlight“ nicht fehlen. Dieser sollte den Konvoi sicher an sein Ziel leuchten. Nachdem wir das Fahrzeug dann im Werk über die Teststrecke abschließenden Fahr- und Funktionstests (inklusive Hügeltest des Dachaufbaus) unterzogen hatten, konnten wir das Fahrzeug am Tag vor dem großen Aufbruch noch mit der typischen Rallye-Beklebung versehen.

Am nächsten Morgen war ich dann so aufgeregt, dass ich keinen Wecker brauchte und mühelos um drei Uhr nachts aus dem Bett fiel. Der Konvoi traf sich pünktlich und zusammen mit Herrn Adelmann und Herrn Grossmann wünschten wir den Teilnehmern des Konvois eine gute Reise und verabschiedeten unseren GLK – schweren Herzens, aber voller Freude, Stolz und Erwartung –auf seine 15.000 km lange Reise.

Die folgenden 33 Tage konnte ich die Reise dann anhand der täglichen Postings beim Facebook-Account von Mercedes-Benz Vietnam verfolgen. Der GLK hat sich großartig geschlagen und ist sowohl gut im Basislager am Mount Everest, als auch wieder im Werk angekommen. Doch der eigentliche Trip ist nochmal eine andere Story. Ich bin jedenfalls über dieses tolle Projekt sehr glücklich. Für mich war es der faszinierende Abschluss einer tollen Zeit im Traineeprogramm. Und irgendwo in Vietnam wird jetzt einer unserer Kunden (das Fahrzeug steht zum Verkauf) mit genau diesem GLK hoffentlich genauso viel Freude beim Fahren haben, wie ich bei der Planung und Durchführung des Umbaus hatte.


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