Dies ist kein Blog über Elektroautos mit Betonung auf „Auto“, sondern ein Blog über Individual-Nahverkehr mit einem elektro-getriebenen Fahrzeug. Der Fokus liegt auf der Beschreibung der Durchführung eines resourcenschonenden Individualnahverkehrs, geschrieben aus dem Blickwinkel eines Anwenders. Ein bischen Sendungsbewusstsein ist auch dabei – Presseartikel der letzten Zeit, z.B. in Der Spiegel, die mir erzählen, dass Elektromobilität ganz toll ist, aber eigentlich doch nicht funktioniert, vergleichen nur direkt Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren gegen solche mit Elektromotoren. Elektrofahrzeuge sind jedoch Teil einer neuen Qualität der individuellen Fortbewegung. Die Einschränkungen durch Reichweite und Ladezeiten wirken sich bei durchdachter Nutzung kaum aus. Und deshalb funktioniert sie doch – die Elektromobilität. Im April 2014 ist mein erstes Jahr der Elektromobilität beendet – Zeit für ein Resumee:
Warum ein Elektroauto?
Ende Sommer 2012 machte mich das Autohaus, bei dem ich mein Fahrzeug, ein VW Golf VI geleast hatte, darauf aufmerksam, dass der Vertrag im März 2013 ausliefe. Na ja, dachte ich, dann bestelle ich eben das Nachfolgemodell des bisherigen Fahrzeugs – und das wärs’ dann. Wars’ aber nicht. Es beschlich mich ein Gefühl unangenehmer Lustlosigkeit. Wollte ich schon wieder ein Auto fahren, was genauso war wie das Vorangegangene – vor allem in technischer Hinsicht? Eine internetgestützte Recherche bei anderen Herstellern brachte die ernüchternde Erkenntnis, dass zwar Motorleistungen, Form und Ausstattung in unendlichen Variationen erhältlich sind – auch in jeder Preisklasse, aber im Prinzip keine Innovationen beim Antrieb zu finden sind. Natürlich darf nicht verkannt werden, dass zwischen den Fahrzeugen des Jahres 1976 (mein Führerscheindatum) und heute Welten liegen – aber ich wollte mehr. Wirklich genial war für mich auch die Hybrid-Technik nicht, denn sie verbessert zwar die Benzinausbeute – aber mit welchem Aufwand. Das Gefühl der Lustlosigkeit blieb. Nichts zu entscheiden, ging aber auch nicht, denn ein Fahrzeug brauche ich, nicht nur privat, sondern auch beruflich. Also reset gedrückt und noch mal von vorne angefangen zu denken:
Wozu brauchen wir (gemeint sind neben mir noch Ehefrau, Mutter und Hund) ein Fahrzeug? Mutter und Hund sind gerne Beifahrer, haben aber wenig Bedarf, bestimmte Ziele zu erreichen. Meine Frau, ebenfalls berufstätig, hat im wesentlichen ihr Büro in der Innenstadt zum Ziel, genau wie ich auch. Die Strecke beträgt 2×7 km, mit viel Stop-and -Go. Wir fahren täglich zusammen, unsere Büros liegen nicht weit auseinander. Bei mir kommt hinzu, dass ich mehrmals pro Woche berufliche Fahrten in die nähere Umgebung im 50 km Radius (Rheinland/Ruhrgebiet) unternehmen muss. Falls es jemanden interessiert: Ich bin 56 Jahre alt, verheiratet, Rechtsanwalt in Düsseldorf. Urlaub machen wir fast ausnahmslos mit dem Auto, – und zwar mit einem älteren Van aus einer europäischen Gemeinschaftsproduktion. Dieses – im Übrigen LPG-getriebene – Fahrzeug soll wegen seines hohen Nutzwertes bei niedrigen Kosten natürlich weiter in Betrieb bleiben.
Also, was brauche ich denn jetzt? Ein Auto für den täglichen Weg ins Büro bzw. zu Terminen in der Umgebung, was nicht urlaubstauglich sein musste. Auf der kurzen Strecke zum Büro werden Verbrenner-Motoren sowie nicht richtig warm und verschleißen entsprechend. Und damit war der Gedanke, zukünftig elektrisch zu fahren, naheliegend. Elektromobilität erschien realistisch. In Presse und Internet ist das Thema in dieser Zeit ziemlich oft behandelt worden. Faszinierend war vor allem der Gedanke, dass Straßenverkehr mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben werden kann. Nichts ist effizienter als ein Elektromotor. Der Zeitgeist hielt Einzug in meine Überlegungen – und das Gefühl unangenehmer Lustlosigkeit verschwand.
Vorüberlegungen - welches Fahrzeug?
Elektroautos sind rar und teuer. Die Auswahl ist eher bescheiden, zumal Fahrzeuge mit Range-extendern bzw. Hybrid-Plug-in-Systemen wegen des hohen und von mir nicht benötigten Aufwandes nicht in Betracht kamen. Es sollte ein reines Elektroauto werden. Der Roadster von Tesla war preislich doch zu weit von meinen Vorstellungen entfernt (aber eine geile Karre), blieb der Nissan Leaf und der Smart ed. Renault hatte den ZOE schon angekündigt, konnte aber noch keine Probefahrt anbieten. Der Twizzy kam schon nicht in die engere Wahl, weil keiner hinten sitzen wollte. Der Smart war schon immer auf Grund seiner Größe bzw. Kleinheit der Favorit – der Preis unterstützte die Entscheidung. Wir wollten das für den Stadt- bzw. Quellverkehr nur gerade erforderliche Minimum an Fahrzeug benutzen. Der Smart ist in dieser Hinsicht seit Jahren bewährt. Die zusätzliche Mitnahme des Hundes im Beifahrerfußraum ist zugegebenermaßen gewöhnungsbedürftig – nicht nur für den Hund. Das waren aber noch nicht alle Überlegungen vor der Entscheidung.
Woher den Strom nehmen?
Natürlich aus der Steckdose, aber wo aufladen? Die Möglichkeit zum Aufladen musste bei uns zu Hause eingerichtet sein. Eine Ladestation auf dem Büroparkplatz war keine Option, da das Fahrzeug auch am Wochen-ende aufladbar sein sollte. Das Parkhaus, in dem wir einen Dauerparkplatz gemietet haben, verfügt sogar über eine öffentlich zugängliche Ladestation mit 2 Plätzen, also liegen nahezu perfekte Voraussetzungen vor. Zu Hause haben wir die Außensteckdose seitlich an der Garageneinfahrt angebracht. Die Garage wird für die 9 Fahrräder der Hausbewohner benutzt – für Autos ist da kein Platz. Die Möglichkeit, immer einen Ladeplatz zu Hause zur Verfügung zu haben, ist der Schlüssel zur Elektromobilität. Laternenparker haben keine Chance. Ladestationen am Arbeitsplatz sind kein vollwertiger Ersatz, sondern nur zusätzliche Hilfen, denn auch am Wochenende und an freien Tagen muss geladen werden können.
Ein elektro-geeignetes Nutzungsprofil – Nachdem die Hürde der Stromversorgung mit Leichtigkeit auf Grund glücklicher häuslicher Umstände genommen werden konnte, blieb die Frage: Komme ich üblicherweise mit der Reichweite aus? Auf Grund des Zweitwagens wäre die Antwort vordergründig immer ja gewesen. So einfach wollte ich es mir doch nicht machen. Die ursprüngliche unangenehme Lustlosigkeit war zwischenzeitlich in überbordenden Projekteifer umgeschlagen. Mit Hilfe des vorhandenen Fahrtenbuchs für das vorangegangene auto habe ich die Strecken des letzten Jahres analysiert. Das Ergebnis war verblüffend. Fast alle Strecken lagen in 50 km Kreis, also passten zur angegeben Reichweite von 145 km. Strecken nach Frankfurt, Berlin oder München sind ohnehin nicht autogeeignet, hier fahre ich grundsätzlich Bahn. Damit war die Entscheidung in der Theorie gefallen:
Die Probefahrt: Das Smart Center Düsseldorf stellte nach Anfrage kurzfristig ein Fahrzeug für fast einen Tag zur Probefahrt zur Verfügung. Der Smart war weiß mit grüner Sicherheitszelle – na ja, ich wusste schon da, dass meiner schwarz/silber werden würde. Da stand er also, noch mit Kabel an der Steckdose und ich erhielt eine kurze Einweisung, die schon die einfache Bedienbarkeit offenlegte: Kabel abziehen, in der Heckklappe verstauen, reinsitzen, Schlüssel kurz bis zum Anschlag drehen und zurückfedern lassen – im Display erscheint „ ready“ – , Fuß von der Bremse und er bewegt sich. Das erste Anrollen (wie beim Automatik-Auto) war schon ein Erlebnis, alles ging lautlos, wirklich lautlos. Vorsichtig fuhr ich vom Gelände und gab ein wenig „Gas“ bzw. besser Strom. Es war auf Anhieb sympathisch, wie das Fahrzeug anzog, zügig, kräftig, lautlos. Ab dreißig KM/h hört man leise die Reifen abrollen. Ich trödelte mit dem Stadtverkehr mit und betrachtete aufmerksam die Instrumente: Stromabgabe bzw. Rekuperation. Das war schon mal interessanter als der bekannte Drehzahlmesser des Verbrenners. Der zeigt ja auch nicht an, wie viel Strom beim Rollen lassen bzw. Bremsen wieder zugeladen wird. Dann die Batterieanzeige, die sich bei langsamer Stadtfahrt überhaupt nicht veränderte – zumindest in der ersten Begeisterung. Die Reichweitenanzeige zeigte einen beruhigenden Wert, so groß ist die Stadt, in der ich wohne ja auch nicht. Abgerundet wurde die Info-Anzeige durch die Angabe des Wertes „eco %“ als Maß für eine ökologische Fahrweise. Das alles war schon mal hochinteressant und hat mich völlig vergessen lassen, dass ich in einem Kleinstwagen sitze. Die Straßenlage war – und ist auch heute noch ziemlich hart, trotzdem nicht unangenehm.
Nach sechs, sieben Kilometern Stadtverkehr mit zum Teil zügigen Passagen, wollte ich dann doch mehr über die Leistung wissen. Die nahe Autobahn kam gerade recht. Ich fädelte ein und gab Strom. Dieser Anzug war schon ein Erlebnis für sich. Der einweisende SC-Mitarbeiter hatte mich schon auf das kräftige Drehmoment hingewiesen, aber dieser Anzug verblüffte mich doch sehr. Ich wiederholte den Beschleunigungsvorgang noch mehrmals – die übrigen Verkehrsteilnehmer blieben erstaunlich ruhig. Jetzt interessierte die Höchstgeschwindigkeit. 125 km/h wurden wohl und auch ganz zügig erreicht, der Tacho zeigt 135 km/h – passte also. Der Geradeauslauf ist bei über 100 km gewöhnungsbedürftig, „ Länge läuft “, aber der Smart ist ziemlich kurz. Man muss schon aufpassen, dass es nicht zu hakelig wird. Die Federung würde von einem Autotester als sportlich bezeichnet werden (die Kurvenlage ist aber wirklich überzeugend), aber weich und komfortabel ist doch anders. Unangenehm wurde es nie, zumal lange Strecken ohnehin nicht auf dem Smart ed- Programm stehen. Der Geschwindigkeits-abfall an der nächsten Steigung der A46 von Düsseldorf in Richtung Wuppertal war eher gering, 110 km/h wurden durchgehalten. Die Ladeanzeige zeigte bald nur noch 50 %, also Rückweg nach 45 km. Da ich die gleiche Strecke zurückfuhr, konnte ich die Rekuperation bei Bergabfahrt beobachten – sie bremste stärker als dem Verkehrsfluss zuträglich war. Als mit etwas „Pedal“ den Berg runter, Stromverbrauch bei null und zurück in den Stadtverkehr, 20 % Restladung. Im Parkhaus beim Büro habe ich dann den Ladevorgang gestartet, wirklich unproblematisch, und bin dann mit den Kollegen vom Büro Spaghetti laden gegangen. Nach meinem ersten Bericht hatte ich dann auch gleich zwei Beifahrer (natürlich nacheinander) für den Nachmittag. Meine Frau fuhr später auch noch eine Runde und war begeistert. Alles in allem – die Probefahrt hat’s gebracht: mein/unser Entschluss stand fest!
Kurz darauf habe ich die Bestellung unterschrieben, schwarz/silber, Leder, Navi, Panoramadach, Akku gemietet und warteten von Oktober 2012 bis zum 26.4. 2013 auf die – im Übrigen termingerecht erfolgte – Auslieferung (Anfang Mai war zugesagt).
Lesen Sie morgen, wie es weiter ging in “Mein Jahr mit dem smart fortwo electric drive – Teil 2″
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Über den Autor: Felix Laumen,56 Jahre alt, ist verheiratet und arbeitet als Rechtsanwalt in Düsseldorf. Im Rahmen dieses Beitrag berichtet er von seinen Erfahrungen und Erlebnissen mit dem smart fortwo electric drive.