Ich war neun Jahre alt, als wir den astralsilbernen 190er meiner Mutter verkaufen mussten, das Auto mit dem ich aufgewachsen bin. Nun stand ich dort auf dem Hof eines Bekannten, ein letzter Blick, bevor der kleine Stern für immer den Besitzer wechselte.
Obwohl ich noch so jung war, wollte ich unbedingt, wenigstens ein einziges Mal, selbst dieses Auto fahren mit dem ich so viel verbunden hatte. Es war ein tränenreicher Abschied und dazu kommt, dass der Tank bis auf den letzten Tropfen Benzin leer gepumpt war. Der Motor sprang nicht an.
Wenn der Kindheitstraum wahr wird
In genau diesem Moment, mit 9 Jahren, habe ich mir geschworen:
Eines Tages Shareen, fährst du deinen eigenen 190er in schwarz mit lauter Musik.
Man mag es kaum glauben, aber auch ein Jahrzehnt später hat sich an diesem Wunsch nichts geändert, viel besser, er ging vor zwei Jahren in Erfüllung. Mit 16 Jahren schenkte mir mein Vater den blauschwarzen Babybenz. Geburtsort Bremen, ursprünglich für den Export nach Frankreich gedacht, landete der kleine Stern die ersten 20 Jahre seines Lebens in Stralsund. Dann kam ich ins Spiel.
Ich hatte nicht einmal mit meinem Führerschein angefangen, aber mein Vater hatte immer ein Auge auf zum Verkauf stehende 190er. Mir war Optik und Leistung wichtig, für ihn war die oberste Priorität, dass der ohnehin sichere Mercedes einen Airbag hat.
Kein gepflegter Klassiker
Und dann fand er ihn, meinen Baby-Benz. Obwohl zu diesem Zeitpunkt keine dringende Notwendigkeit für den Stern bestand, wusste mein Vater, dass dieser der Richtige für mich war. Allerdings kaufte er das Auto mit dem Hintergedanken, dass er lediglich die ersten 1-2 Jahre zu Übungszwecken überleben sollte. Das heißt, der Wagen hatte bereits Kratzer, Fehler und war im Großen und Ganzen absolut kein gepflegter Klassiker. Hätte mein Vater damals nur gewusst…






Nach langen Wochen der Spannung – und vielen Whatsapp Bildern – war der Moment gekommen. Ich durfte mein erstes eigenes Auto sehen. Anfassen, mich hineinsetzen, riechen. Und mal wieder kamen die Tränen. Natürlich. Fast peinlich.
Gepimpt und gestylt
In den zwei Jahren bis zu meiner Volljährigkeit wurde der Kleine gepflegt, gesaugt, geschrubbt, poliert und natürlich ein bisschen individualisiert. Ziemlich schnell wurde mir klar, was weiße Blinker für ein faszinierendes Streitthema sind.
Allein in meinem Auto als Beifahrer mitfahren zu dürfen, war für mich das Größte. Der erste Song über die selbst eingebaute Anlage, der Klang des Sportauspuffs, die glänzenden 8-Loch Felgen, und die blauen LED’s im Fußraum, für die ich oft genug belächelt wurde. Aber genau so, genau wie er jetzt ist, so wollte ich mein Auto haben. Und genau so liebe ich ihn.
Vollgas mit dem Copilot
Dann kam die erste Fahrt, mit B17 Führerschein und Papa an der Seite. An diesem Tag wusste ich, mein Benz liebt mich auch. Der Motor kochte, die Schweißperlen liefen mir die Stirn runter. Ein 22 Jahre altes 5-Gang Schaltgetriebe ist eben doch nochmal anders, als das des Hyundai i30 meiner Fahrschule.
Meinem Vater war es wichtig Sachen mit mir zu üben, die man in keiner Fahrschule lernt, schnell fahren zum Beispiel. Er war der absolut gerechtfertigten Meinung, dass ich früher oder später sowieso mal probieren werde, was so ein 2 Liter Motor kann. Also wollte er wenigstens dabei sein, um mich zu instruieren.
Denn auch wenn 122 PS keine wahnsinnige Leistung sind, für ein Fahrzeug mit gerade mal 1,1 t Leergewicht reichen diese vollkommen aus, um 220km/h zu fahren. Und so sollte es sein, dass ich wenige Tage nach meiner bestandenen Führerschein Prüfung mit (GPS gemessenen!) 216 km/h über die A9 bretterte. Definitiv eine prägende Erfahrung mit meinem Vater auf dem Beifahrersitz, der Anweisungen gab wie ein Copilot.
Die Liebe zum Baby
Seit diesem Tag habe ich gute 20.000 Kilometer mit meinem Baby-Benz zurückgelegt. Viele davon auf der Autobahn, aber die meisten im Berliner Stadtverkehr. Und auch wenn dieser Benz ursprünglich für die ersten Schrammen, oder die ersten kleinen Auffahrunfälle gedacht war, hat er bis heute keinen einzigen Kratzer und keine einzige Delle von mir.
Ich habe mich in dieses Auto verliebt und investiere Vieles, damit diese Liebe noch lange erhalten bleibt.
Als Student hat man nicht das größte Nebeneinkommen, aber beinahe jeden Cent, den ich verdiene, stecke ich in den kleinen schwarzen Benz.
Die Hand an meiner Seite
Natürlich habe ich auch das Glück durch meine Macke viele Leute kennengelernt zu haben, die mindestens genauso verrückt sind wie ich. Darunter auch viele sehr hilfsbereite Menschen, ohne die ich heute nicht wäre wo ich jetzt bin. Dazu zählt auch nicht zuletzt mein Vater, der zwar großen Wert darauf legt, dass ich alles an und um den Wagen selbstständig erledige, aber mir auch immer mit helfender Hand zur Seite steht.
Frauen die auf Karren stehen
Seitdem ich den Alltag mit meinem Auto auf Instagram dokumentiere, rückt immer mehr Aufmerksamkeit aus allen Ecken der Welt auf mich. Als Fahrzeugtechnik Studentin der Technischen-Universität Berlin beweise ich nämlich nicht nur, wie schick ich die Mercedes-Benz Fahrzeuge finde, sondern, dass das Interesse daran noch viel tiefer geht.
Ich lerne jeden Tag dazu, aber mein Wissensstand bezieht sich jetzt schon nicht ausschließlich auf hübsche Innenausstattung und Diamantgrill. Aus diesem Grund inspirieren mich Frauen, die in genau diesem Business arbeiten, ob in der Werkstatt, als Rennfahrerin, oder Ingenieurin.
PS: Vielen Dank an die Fotografen Simon Laslo (Bilder Nr.3,5,6,7,11) und Korhan Parlar! Mein Auto sah noch nie so gut aus…
Der Beitrag Großes Mädchen mit Baby-Benz erschien zuerst auf Daimler-Blog.